Kritik am chemischen Recycling
Die Regierung plant, chemisches Recycling in das Verpackungsgesetz aufzunehmen. Doch es gibt auch Kritik von verschiedenen Akteuren.
Stand der Debatte um chemisches Recycling
Bessere Mülltrennung, smartes Produktdesign und Innovationen bei der Verarbeitung von Kunststoffabfällen zu Kunststoffgranulaten, dem sogenannten mechanischen Recycling, sind dringend notwendig. Aber: Das reicht nicht aus. Komplexe Anwendungen mit hohen Anforderungen an die eingesetzten Materialien – Windräder, E-Autos oder Smart Devices in Medizin und Freizeit – benötigen Verbundkunststoffe, die nicht auf herkömmliche Weise zu recyceln sind.
Aktuell werden selbst in Ländern mit gut ausgebauten Abfallinfrastrukturen wie Deutschland nur die Hälfte aller Kunststoffabfälle recycelt.
Mit chemischen Recyclingverfahren können auch für solche Anwendungen Recyclinglösungen gefunden werden. Die Unternehmen der kunststofferzeugenden Industrie investieren Milliardensummen in diese wichtige Ergänzung des mechanischen Recyclings – um Recyclingziele zu erreichen und um Wertkunststoffe konsequent im Kreis zu führen. Die Ampel-Regierung wiederum plant laut Koalitionsvertrag, das Chemische Recycling als Recyclingoption in das Verpackungsgesetz aufzunehmen. Doch es gibt auch Vorbehalte bei verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren. Fortschritte beim Chemischen Recycling werden oftmals kritisch beäugt. Allerdings können viele dieser Kritikpunkte entkräftet werden, zudem werden die Innovationsfähigkeit der Industrie und ihre Effizienzsteigerungen bewusst ausgeklammert.
Bei der Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe geht es aber nicht allein um Abfälle und Recycling. Wir denken ganzheitlich im Kreislauf und koppeln daher auch unsere Produktion mehr und mehr vom Verbrauch fossiler Rohstoffe ab –deshalb setzen wir auf alternative und erneuerbare Rohstoffe.
Mythen widerlegen – mit Fakten durchdringen
Ziel des Verbandes der Kunststofferzeuger ist es, einige wiederkehrend vorgebrachte Kritikpunkte aufzugreifen und diesen zu entgegnen, um die Chancen des Chemischen Recyclings für die Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft nutzbar zu machen.
Und daher ist es auch an der Zeit, einige der gängigsten Mythen zu prüfen und Trugschlüsse aufzudecken:
- Mythos 1: Anlagen für das chemische Recycling im großindustriellen Maßstab sind doch bestenfalls Zukunftsmusik!
- Mythos 2: Das chemische Recycling braucht zu viel Energie.
- Mythos 3: Nur beim chemischen Recycling entstehen hochgiftige Nebenprodukte
- Mythos 4: Die Materialausbeute beim chemischen Recycling ist viel zu gering.
- Mythos 5: Investitionen ins chemische Recycling gehen auf Kosten des mechanischen Recyclings.
Mythos 1: Anlagen für das chemische Recycling im großindustriellen Maßstab sind doch bestenfalls Zukunftsmusik!
Allein die Mitgliedsunternehmen von Plastics Europe steigern ihre Investitionen in das Chemische Recycling europaweit deutlich: von 2,6 Milliarden Euro im Jahr 2025 auf 7,2 Milliarden Euro im Jahr 2030. Ab 2025 wollen die kunststofferzeugenden Unternehmen 1,2 Millionen Tonnen und ab 2030 3,4 Millionen Tonnen an recycelten Kunststoffen mit dem chemischen Recycling gewinnen.
Insbesondere in Deutschland besteht allerdings noch Nachholbedarf bei chemischen Recyclingprojekten. Laufende Studien des Karlsruher Instituts für Technologie zeigen jedoch ein valides Potenzial für die Pyrolyse als Recyclingtechnologie auf, insbesondere bezüglich Abfallfraktionen, die verschmutzt, vermischt oder nach dem aktuellen Standard der Aufbereitungstechnologien nicht recycelbar oder gar nicht erst sinnvoll sortierbar sind. Auch andere chemische Recyclingverfahren werden weiterentwickelt.
Quelle: Milliardeninvestitionen in das chemische Recycling
Mythos 2: Das chemische Recycling braucht zu viel Energie.
Der Energieeinsatz beim chemischen Recycling ist mit dem Energiebedarf des mechanischen Recyclings vergleichbar. Beim chemischen Recycling entstehen jedoch zunächst keine Regranulate, sondern Sekundärrohstoffe wie Pyrolysöl. Für die Verarbeitung zu Regranulaten muss tatsächlich zusätzliche Energie eingesetzt werden. Aber: Die chemisch recycelten Regranulate haben Neuwarequalität und sind sogar für Lebensmittelverpackungen geeignet, in denen bislang kaum Rezyklate eingesetzt werden können. Außerdem erzeugt die Pyrolyse etwa 50 % weniger CO2 als die Verbrennung zur Energiegewinnung.“
Quelle: Chemical Recycling of Mixed Plastic Wastes (kit.edu). Folie 8
Mythos 3: Nur beim chemischen Recycling entstehen hochgiftige Nebenprodukte.
Schadstoffe können in allen Recyclingverfahren entstehen. Wichtig ist, dass Rückstände nicht in die Umwelt gelangen. In der EU haben wir mit der REACH-Verordnung weltweit die strengsten Vorgaben im Stoffrecht. Darüber hinaus gelten die Vorgaben des Immissionsschutzrechtes.
Quelle: Allgemeines zu Stoffrecht, Immissionsschutzrecht
Mythos 4: Die Materialausbeute beim chemischen Recycling ist viel zu gering.
Forschungen zu pyrolytischen Verfahren konnten eine durchschnittliche Kohlenstoff-Rückführung je nach Abfallart von 50 bis 80 Prozent aufzeigen. Etwa 60 Prozent der im eingesetzten Material enthaltenen Energie können wiedergenutzt werden. Eine alternative Müllverbrennung erlaubt derzeit eine Energierückgewinnung von 30 Prozent, allerdings wird dabei Kohlenstoff als CO2 emittiert und nicht im Kreis geführt.
Quelle: Chemical Recycling of Mixed Plastic Wastes (kit.edu). Folie 7
Mythos 5: Investitionen ins chemische Recycling gehen auf Kosten des mechanischen Recyclings.
Generell gilt, dass das mechanische Recycling, also die Verarbeitung von Kunststoffabfällen zu Kunststoffgranulat, vorangestellt wird. Stand jetzt werden allerdings immer noch mehr als die Hälfte der Kunststoffabfälle in Deutschland verbrannt und somit der Kreislaufwirtschaft entzogen. Durch chemisches Recycling kann ein großer Teil dieser Abfallfraktionen wieder im Kreis geführt werden. Im Übrigen benötigt auch das Chemische Recycling eine mechanische Aufbereitung von Abfällen – und damit das Know-how aus der Abfall- und Recyclingwirtschaft. Schon heute arbeiten Petrochemie- und Kunststoffunternehmen mit etablierten Recyclingunternehmen zusammen, um möglichst große Effizienzgewinne für die Kreislaufwirtschaft zu erzielen.
Quelle: Forschungspolitische Empfehlungen zum chemischen Recycling
Daraus: „Die Experten von VCI, DECHEMA, und PED plädieren nun dafür, mechanisches und chemisches Kunststoffrecycling als komplementäre Verwertungswege zu betrachten. Je nach Kunststoffqualität und -zusammensetzung können dabei unterschiedliche Technologien vorteilhaft sein. Um die besten Verwertungswege zu identifizieren, müssen Abfallwirtschaft und chemische Industrie eng zusammenarbeiten.“
Fragen zum chemischen Recycling?
Haben Sie Fragen zum chemischen Recycling? Oder sind Sie auf der Suche nach guten Beispielen für chemisches Recycling in der Praxis? Wir stehen Ihnen gerne als Ansprechpartner zur Verfügung!
Ihr Ansprechpartner für Chemisches Recycling
Alexander Kronimus
Plastics Europe Deutschland
Geschäftsführung, Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft
Telefon: +49 (69) 2556-1309
Mobil: +49 (171) 7850331
E-Mail: alexander.kronimus@plasticseurope.de