Kunststoffe im Rhein – Warum sind „Beads“ nicht verboten?
Hintergrundpapier: Kunststoffe im Rhein – Warum sind „Beads“ nicht verboten?
In der EU gilt seit dem 17. Oktober 2023 eine REACH-Beschränkung für absichtlich zugesetztes Mikroplastik. „Mikrobeads“ als Schleifkörper in Peelings oder Putzmitteln sind in der EU seitdem verboten. Solange die Freisetzung von Mikrobeads während der Nutzung ausgeschlossen werden kann, z.B. bei Nutzung in einem geschlossenen System oder durch die dauerhafte Integration ins Material, dürfen Microbeads weiterverwendet werden. Für einige Anwendungen, gibt es zudem längere Übergangsfristen.
Was sind Beads – und wofür werden sie genutzt?
„Beads“ sind perfekt runde Kunststoffkügelchen (typisch 10–1000 µm), also mit weniger als 1 mm Durchmesser. Sie werden für bestimmte Anwendungen gezielt hergestellt und wurden in der Vergangenheit beispielsweise in Reinigungs- und Kosmetikprodukten, Pulverlacken, Schleifmitteln und Ionenaustauscher-Harzen in der Wasseraufbereitung eingesetzt. Ihre Nutzung erfolgt heute nur noch in geschlossenen Systemen, oder in gebundener Form, was Freisetzung bei sachgerechter Anwendung ausschließt. Dennoch kann es durch fehlerhafte Handhabung oder durch Unfälle vorkommen, dass Verluste bei Produktion, Lagerung, Transport, oder bei Rückspülvorgängen in Aufbereitungsanlagen auftreten.
Um solchen Verlusten vorzubeugen, müssen Unternehmen Risikoanalysen durchführen und jedes Jahr melden, wie viele Beads bei solchen Vorgängen potentiell freigesetzt werden könnten. Diese Auflage ist für alle Hersteller von Beads ab 2026 verpflichtend. Für nachgeschaltete industrielle Anwender, die mit Beads arbeiten, gilt diese Regelung ab 2027 (Eintrag 78, Absätze 11 und 12, des Anhangs XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH), in der Fassung der Verordnung (EU) 2023/2055 der Kommission). Darüber hinaus sind die Bestimmungen der neuen EU-Pellet-Loss-Regulation einzuhalten.
Was regelt die EU konkret?
Die Verordnung (EU) 2023/2055 verbietet, dass synthetische Kunststoff-Mikropartikel (primärer „Mikroplastik“), entweder in reiner Form oder absichtlich als Bestandteil von Mischungen, auf den Markt gebracht werden. Insbesondere für sogenannte Mikrobeads, die zum Schrubben, Polieren oder Reinigen eingesetzt werden, gilt das Verbot ohne Übergangsfrist: Sie sind sofort untersagt.
Warum sind Beads nicht komplett verboten?
Für einige Nutzungen für Beads, für die es bislang keine Alternative gibt, wurden in der EU teilweise Ausnahmen und Übergangsfristen geschaffen. Die Nutzung ist hier unter strengen Auflagen weiterhin erlaubt:
- Nutzung in Lacken und Beschichtungen: Wenn die Kunststoffkügelchen beim Gebrauch fest im Produkt eingebunden sind, etwa in einer Lack- oder Beschichtungsschicht, können sie einzeln nicht einfach freigesetzt werden. Solche Produkte sind ausgenommen, solange der Hersteller informiert, dass sie Mikroplastik enthalten.
- Einsatz in geschlossenem System: Beads, die innerhalb von Industrieanlagen verwendet werden, zum Beispiel in Wasseraufbereitungsanlagen oder als Rohstoff, sind nicht automatisch verboten. Die Idee dahinter: In geschlossenen Prozessen und bei sachgemäßer Nutzung verlassen keine Microbeads das geschlossene System und gelangen somit nicht in die Umwelt. Eine solche Nutzung ist mit behördlichen Auflagen verbunden, wie bspw. Dokumentation der Nutzung und Entsorgung.
- Unverzichtbarer Einsatz in versorgungskritischen Bereichen oder Ausnahmen: Manche Anwendungen sind dauerhaft erlaubt, weil sie unter andere Gesetze fallen oder als unverzichtbar gelten. Dazu gehören z. B. medizinische Labortests (In-vitro-Diagnostika), Arzneimittel, CE-gekennzeichnete Düngemittel sowie Lebens- und Futtermittel.
Verbote & Übergangsfristen – die wichtigsten Daten für „Beads“
Die EU-Verordnung (EU) 2023/2055 legt für verschiedene Produkte mit absichtlich zugesetztem Mikroplastik, z.B. für Beads, gestaffelte Übergangsfristen fest. Wichtig: Für alle anderen nicht gelisteten Verwendungen gilt das Verbot seit dem 17. Okt 2023, sofern keine Ausnahmen greifen.
- Mikrobeads (Schleifkörper in Kosmetik, Make-up, Wachsen/Polituren): sofort verboten (kein Aufschub).
- Medizinprodukte (nicht IVD): bis 17. Okt 2029; Beads darin sofort verboten. In-vitro-Diagnostika (IVD) sind dauerhaft ausgenommen.
- Rinse-off-Kosmetika (ohne Beads): bis 17. Okt 2027; Beads darin sofort verboten
- Nicht-CE-Düngemittel: bis 17. Okt 2028. CE-Düngemittel sind ausgenommen.
- Sonstige Agrar-/Garten-Anwendungen: bis 17. Okt 2028.
- Detergenzien, Wachse, Polituren, Lufterfrischer: bis 17. Okt 2028; Beads darin sofort verboten; Duftkapseln bis 2029.
- Duftkapseln (Fragrance encapsulation): bis 17. Okt 2029; danach verboten.
- Leave-on-Kosmetika: bis 17. Okt 2029
- Make-up, Lippen-, Nagelprodukte: bis 17. Okt 2035; Kennzeichnungspflicht „Dieses Produkt enthält Mikroplastik“ ab 17. Okt 2031. Beads darin sofort verboten.
- Pflanzenschutzmittel, behandelte Saatgutkörner & Biozide: bis 17. Okt 2031.
- Granulat-Infill für Kunstrasen und Sportböden: bis 17. Okt 2031.
Warum landen Beads im Rhein?
Die Ursachen können vielfältig sein und sind schwer nachzuverfolgen. Denkbar wäre der menschliche Faktor, wie etwa durch fehlerhafte Handhabung bei Produktion, Verarbeitung, Transport oder Recycling. Weiterhin können technische Defekte, wie bspw. Undichtigkeiten oder Rückspülverluste nicht komplett ausgeschlossen werden.