Kunststoffe als Fundament der europäischen Industrie im Clean Industrial Deal verankern

Es fehlen dringliche Maßnahmen für eine klimaneutrale und wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft.

Brüssel, 26. Februar 2025 – Plastics Europe unterstützt nachdrücklich die Agenda der Europäischen Kommission für Wettbewerbsfähigkeit und Dekarbonisierung und begrüßt den Clean Industrial Deal. Darin werden wichtige und begrüßenswerte Maßnahmen skizziert, darunter Initiativen zur Senkung der Energiekosten, zum Bürokratieabbau und zur Schaffung der Marktnachfrage, die zur Schaffung von Anreizen für Investitionen in die Kreislaufwirtschaft erforderlich sind.

Unsere Mitglieder sind jedoch zutiefst besorgt, dass der wesentliche Beitrag des europäischen Kunststoffsektors als Enabler und Fundament der europäischen Industrie nach wie vor nicht zur Kenntnis genommen wird und dass dem Clean Industrial Deal notwendige dringliche Maßnahmen fehlen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Kunststoffherstellung in der EU wiederherzustellen und den Übergang zu einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft wieder in Gang zu bringen.

Virginia Janssens, Geschäftsführerin von Plastics Europe, erklärt: „Die EU demonstriert zwar die nötige ehrgeizige politische Führung, die zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit erforderlich ist, die politischen Entscheidungsträger können es sich aber nicht leisten, den wesentlichen Beitrag, den Kunststoffe zur EU-Wirtschaft und zu strategisch wichtigen Branchen wie der Automobilindustrie, erneuerbaren Energien, Gesundheitswesen und Verteidigung erbringen, oder die Rolle, die sie bei der Transformation dieser Branchen spielen, zu übersehen. Die europäische Kunststoffherstellung ist für die Zukunft der industriellen Basis der EU und für eine größere strategische Autonomie von entscheidender Bedeutung. Ohne die Umsetzung der dringend erforderlichen Maßnahmen wird Europa zunehmend von Importen von Kunststoffgranulaten und Fertigwaren aus Regionen mit oft weniger strengen Umweltstandards abhängig sein.“

Die Komplexität des europäischen Kunststoffsystems und die langen Investitionszyklen bedeuten, dass die in den nächsten zwei Jahren getroffenen Investitionsentscheidungen darüber entscheiden werden, ob und wie schnell wir die im EU-Green Deal und im Fahrplan für die Kunststoffwende festgelegten Ziele erreichen können. Das Zeitfenster, um die Wettbewerbsherausforderungen unserer Branche anzugehen und ein günstigeres Investitionsklima zu schaffen, schließt sich schnell.

Janssens: „Europa hat die Chance, das weltweit erste kreislauforientierte und treibhausgasneutrale Kunststoffsystem zu schaffen, und daher unterstützen wir die Anerkennung im Clean Industrial Deal, dass sich Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeitspolitik gegenseitig verstärken müssen. Unsere Branche kann die Nachhaltigkeitsziele nur erreichen, wenn Europa wettbewerbsfähig genug ist, um in diese zu investieren. Leider besteht die reale Gefahr, dass die Wettbewerbsvorteile des Clean Industrial Deal zu spät umgesetzt werden. Die Zeit ist nicht auf unserer Seite.“

Dr. Christine Bunte, Hauptgeschäftsführerin von PlasticsEurope Deutschland e. V., ergänzt mit Blick auf Deutschland: „Wir haben jetzt eine letzte und einmalige Chance im Schulterschluss mit Politik und Industrie das Ruder für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands herumzureißen. Im Koalitionsvertrag muss die Bedeutung der Kunststoffindustrie für alle Anwenderindustrien verankert und geschützt werden. Kunststoffe sind die Enabler der Klimawende in den Bereichen Gesundheit und Ernährung, Energie und Klima, Bauen und Wohnen, Mobilität und Nachhaltigkeit. Diese Bundesregierung muss schnell ins Arbeiten kommen und zügig Erfolge vorweisen. Wir als Industrie stehen bereit, aber ohne die entsprechenden politischen Rahmenbedingungen wird es nicht funktionieren.“

Im Jahr 2022 unterstrich der unabhängige SystemIQ-Bericht „ReShaping Plastics“ zum Thema „Pathways to A Circular, Climate Neutral Plastics System in Europe“ die Botschaft an politische Entscheidungsträger, Kunststoffhersteller und die nachgelagerte Wertschöpfungskette, die Zusammenarbeit zu vertiefen und alle notwendigen Hebel in der gesamten Wertschöpfungskette in Bewegung zu setzen.

Janssens: „Die wesentliche Bedeutung, Größe und Komplexität des europäischen Kunststoffsystems erfordert eine maßgeschneiderte politische Antwort.  Plastics Europe fordert die Kommission auf, ihre Kompetenz zu nutzen, um einen Aktionsplan für die Zukunft des europäischen Kunststoffsektors zu entwickeln, der die EU-Institutionen, die Mitgliedstaaten und alle relevanten Partner im Kunststoffökosystem zusammenbringt. Darüber hinaus fordern wir die Kommission auf, sicherzustellen, dass Kunststoffe bei allen sektoralen Initiativen, bei der Innovationsfinanzierung und bei Maßnahmen zur Versorgungssicherung der EU mit Schlüsselmaterialien berücksichtigt werden.“

Der Binnenmarkt ist Europas größter Wirtschaftsfaktor, und wir begrüßen daher Maßnahmen, wie den Rechtsakt zur Kreislaufwirtschaft, die dazu beitragen werden, einen Binnenmarkt für Abfall, recycelte und biobasierte Materialien sowie emissionsarm erzeugte Kunststoffe zu schaffen. Die Förderung des Binnenmarktes reicht jedoch nicht aus. Dieser muss auch geschützt werden. Daher fordern wir die Kommission auf sicherzustellen, dass durch die anhaltende Fragmentierung des Binnenmarkts die erforderlichen Maßnahmen zur Transformation nicht untergraben werden.

Wir unterstützen auch den Aufruf von 400 Wirtschaftsführern heute in Antwerpen an die Staats- und Regierungschefs, unverzüglich Maßnahmen zur Umsetzung des Clean Industrial Deal auf nationaler Ebene zu ergreifen.

-MEHR-

Die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Kunststoffsektors in Zahlen:

Die europäische Kunststoff-Wertschöpfungskette sichert über 1,5 Millionen Arbeitsplätze in 51.700 Unternehmen und erwirtschaftete im Jahr 2023 einen Umsatz von mehr als 365 Milliarden Euro in der EU. Jüngste Daten, die von Plastics Europe veröffentlicht wurden, zeigen einen starken Rückgang der Kunststoffproduktion in der EU um 8,3 % im Jahr 2023 im Vergleich zu 2022. Der Anteil Europas am Weltmarkt ist von 28 % im Jahr 2006 auf 12 % im Jahr 2023 gesunken. Erstmals kam es auch in Europa zu einem alarmierenden Rückgang der Produktion von recycelten Kunststoffen, was auf ein Überangebot an Billigimporten zurückzuführen ist.

Die Roadmap für die Kunststoffwende:

In der Plastics Transition Roadmap wurde das Branchenziel festgelegt, bis 2050 die Kunststofferzeugung zu 65 % durch nicht fossile Rohstoffe zu ermöglichen und Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Die Roadmap bietet einen Umsetzungsrahmen, Meilensteine für 2030 und Indikatoren zur Überwachung der Fortschritte, zur Identifizierung von Engpässen und zur Suche nach Lösungen, um voranzukommen. Die Roadmap zielt darauf ab, Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität der Branche zu lenken, Anreize zu schaffen und zu beschleunigen, indem sie eine Grundlage zur Unterstützung des Dialogs in der Wertschöpfungskette und der politischen Entscheidungsfindung bietet. Um mehr zu erfahren, klicken Sie hier.

Über den Verband

Plastics Europe ist der paneuropäische Verband der Kunststofferzeuger mit Büros in mehreren Wirtschaftszentren Europas. Mit fast 100 Mitgliedsunternehmen, die für mehr als 90 Prozent der Kunststoffproduktion in Europa stehen, sind wir ein bedeutender Akteur der Kunststoffindustrie, mit der Verantwortung, offen und eng mit den verschiedensten Interessengruppen zusammenzuarbeiten – um sichere, kreislauffähige und ressourcenschonende Ideen und Produkte zu entwickeln. Unser Ziel ist es, den Wandel der Branche hin zu mehr Nachhaltigkeit intensiv voranzutreiben.


Bettina Dempewolf: Sechs Maßnahmen, die langfristig gegen das Müllproblem helfen

Ihre Ansprechpartnerin bei Plastics Europe:

Bettina Dempewolf
Leiterin Kommunikation
Telefon: +49 (69) 2556-1307
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E-Mail: bettina.dempewolf@plasticseurope.de

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