Gemischte Bilanz für 2020
Traditionell am Aschermittwoch blickt der Gesamtverband Kunststoffverarbeitende
Industrie e. V. (GKV) auf das zurückliegende Jahr und schaut in die Zukunft der Verarbeiter-Branche. Beim Bilanzziehen überwogen diesmal die negativen Nachrichten: So ging der Branchenumsatz im Jahr 2020 um 5,6 Prozent auf 61,5 Mrd. Euro zurück. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr in Deutschland 14,2 Millionen Tonnen Kunststoffe verarbeitet, ein Rückgang um 2,8 Prozent oder, wie GKV-Präsident Roland Roth ausführte, von 20.000 mit Kunststoffgranulat beladenen Sattelzügen.
Stärken und Schwächen
Die einzelnen Branchensegmente entwickelten sich dabei durchaus unterschiedlich: Bei technischen Kunststoffen verzeichneten die im GKV organisierten kunststoffverarbeitenden Unternehmen für 2020 das schlechteste Jahr seit der Wirtschaftskrise 2008/09. Insbesondere die Bereiche Automotive, E&E und der Maschinenbau schwächelten; oftmals, weil Projekte schon in 2019 aufgeschoben und neue Modell-Linien oder Anlagen auf Kundenseite auch in 2020 zunächst hintenangestellt wurden.
Positiver entwickelten sich hingegen der Wohnungsbau und Renovierungsbereich, dem auch im „Coronajahr“ eine gute Entwicklung bescheinigt wurde. Bemerkenswert ist zudem die lebhafte Nachfrage für Kunststoff-Halbzeuge im Caravaning-Bereich, getragen vom hohen Verbraucherinteresse an dieser Freizeitsparte.
Ausblick mit Vorsicht
Während für die Verpackungsindustrie und im Fahrzeug- und Transportsektor die Nachfrage im letzten Quartal 2020 wieder anzog, sorgen in diesen Bereichen aktuell eine mangelnde Rohstoffverfügbarkeit und gestiegene Rohstoffpreise dafür, dass die Entwicklung für die nächsten Monaten fragil bleiben wird. Die bereits für 2019 festgestellte Ambivalenz zwischen Zuversicht und Unsicherheit bei den Unternehmen hat sich unter dem Eindruck der Corona-Pandemie verstärkt. So rechnet trotz stark gesunkener Umsätze im Jahr 2020 ca. die Hälfte der im Rahmen einer GKV-Umfrage befragten Unternehmer im Jahr 2021 wieder mit
steigenden Umsätzen, zugleich aber auch mit sinkenden Gewinnen.
Wahrnehmung bei Öffentlichkeit und Politik
Ganz klar: Auch die kunststoffverarbeitende Industrie hat mit der schon lange andauernden Imagekrise zu kämpfen. Dabei sind die Hintergründe nur teilweise von ihr zu beeinflussen, etwa weil der Eintrag von Kunststoffabfällen in die Umwelt insbesondere in Regionen mit unzureichenden Abfallmanagementsystemen erfolgt. Doch wo immer möglich, trägt die hiesige Kunststoffindustrie zu mehr Nachhaltigkeit rund um Kunststoffe bei, wie GKV-Präsident Roth erklärte, etwa durch ein nachhaltiges Produktdesign oder dem Wiedereinsatz von Rezyklaten bei neuen Kunststoffprodukten.
Auf der Habenseite verbuchte die Branche jüngst die vielen Vorteile, die ihr Werkstoff in der Pandemie hervor brachte, wie GKV-Geschäftsführerin Julia Große-Wilde (Foto) skizzierte. Etwa durch den überlebenswichtigen Beitrag, den Schutzmasken, Plexiglasscheiben oder medizinische Geräte aus Kunststoff im Kampf gegen Corona leisten. Auch bei der logistische Mammutaufgabe des Versands von Impfstoffen tragen mehrere deutsche Verpackungshersteller mit zum Erfolg bei der Verteilung der Stoffe bei – überall in der Welt und bei zuverlässiger Einhaltung der Kühlkette, wie Große-Wilde weiter ausführte.
MINT-Azubis dringend gesucht
Sorgen bereitet den Kunststoffverarbeitern hierzulande weiterhin der Fachkräftemangel, der sich durch den demografischen Wandel zunehmend verschärft. Während der Corona-Pandemie fehlte darüber hinaus die Möglichkeit für Schulen und weitere Bildungseinrichtungen, Unternehmen in der Region zu besuchen und so kennen zu lernen; auch konnten keine Praktikumsplätze für Schülerinnen und Schüler angeboten werden. Derweil bleibt die Nachfrage für Ausbildungskräfte gleichbleibend hoch, während die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand wechseln und damit den Veränderungs- und Handlungsdruck noch vergrößern.
Weitere Details zur aktuellen wirtschaftlichen Situation der kunststoffverarbeitenden Industrie in Deutschland bietet die ausführliche Pressemappe des GKV.